Die Marionette, die eine Tänzerin wurde
Es war einmal eine kleine Marionette, die ganz steif geworden war, nur noch wenige Gelenke waren beweglich. Sie fühlte sich sehr steif und unbeweglich. Sie fühlte sich geschubst und gezogen. Von was? Sie wusste es nicht.
Weil sie so steif geworden war fiel sie oft hin. Deshalb lernte sie sich nicht zu bewegen und so zu tun als wäre nichts geschehen. Wenn sie sich nicht bewegen würde, könnte ja auch niemand merken, dass sie so steif war. Sie schämte sich, weil sie nicht wusste was mit ihr passiert war und da war auch niemand, den sie fragen konnte.
Was war sie nur für eine komische Marionette!! Sie war sich selber fremd und fühlte sich einsam und verloren, als würde sie in einem anderen Film mitspielen als alle anderen.
Aber da war immer noch etwas in ihr das sich bewegen wollte und dieser Wunsch war stark wie ein Feuer. Und tatsächlich schmolz die Steifheit nach langer Zeit wieder etwas. Manche der eingerosteten Gelenke wurden wieder beweglich. Diese neuen Möglichkeiten, die sie nun hatte, waren fast zu viel. Denn nun musste sie ja entscheiden, wohin sie gehen wollte. Vorher hatte sie ja nur in der gleichen Ecke gesessen. Sie fing an herum zurennen, alles auszuprobieren, was sie sah und das war viel, weil sie große Augen und Ohren hat. Und schon wieder fühlte sie sich geschubst und gezogen. Sie war jetzt zwar wieder beweglich aber dafür wurde sie immer verwirrter. Die Fäden, an denen sie hing verknoteten sich. Sie fragte sich: „Wer bin ich, was mag ich, was will ich eigentlich machen.“
Die Marionette beschloss, dass sie die Schnüre, die sie hielten und immer noch zogen, loszuwerden. Sie wollte sich ganz alleine und frei bewegen. Ihr war egal, ob andere Leute denken könnten, sie sei ja gar keine richtige Marionette mehr. Es war ihre Entscheidung und sie wollte sich von nichts und niemandem mehr schubsen und ziehen lassen.
Sie wollte Tänzerin werden. Immer mehr Schnüre lösten sich , sie brauchte keinen Halt mehr von aussen, sie lernte wie Wasser im Fluss, in und mit ihrem Körper zu fliessen.
Mit dem Strom des Lebens zu fliessen, die Schnüre und Knoten in ihrem Körper zu lösen ist jetzt noch ihre Aufgabe. Sie möchte ihren Geist befreien und genießen, ein Mensch zu sein, der entscheiden kann, sein Leben kreativ zu gestalten.
Katrin Stelter